1 Du bist zwar mein und bleibest mein;
wer will mir's anders sagen?
Doch bist du nicht nur mein allein;
der Herr von ewgen Tagen,
der hat das meiste Recht an dir,
der fordert und erhebt von mir
dich, o mein Kind, mein Wille,
mein Herz und Wunsches Fülle!
2 Ach! gält es wünschen, wollt ich dich,
du Sternlein meiner Seelen,
vor allem Weltgut ewiglich
nur wünschen und erwählen.
Ich wollte sagen: bleib bei mir,
du sollt sein meines Hauses Zier;
an dir will ich mein Lieben
bis in mein Sterben üben.
3 So sagt mein Herz, und meint es gut;
Gott aber meint's noch besser.
Groß ist die Lieb in meinem Muth,
in Gott ist sie noch größer.
Ich bin ein Vater, und nichts mehr;
Gott ist der Väter Haupt und Ehr,
ein Quell, da Alt und Jungen
in aller Welt entsprungen.
4 Ich sehne mich nach meinem Kind;
und der es mir gegeben,
will, daß es nunmehr ohne Sünd
im Himmel solle leben.
Ich sprech: Ach weh, mein licht verschwindt!
Gott spricht: Willkomm, du liebes Kind,
Dich will ich bei mir haben
und ewig reichlich laben.
5 O süßer Rath, o schönes Wort,
und heilger, als wir denken,
bei Gott ist ja kein böser Ort,
kein Unglück und kein Kränken,
kein Angst, kein Mangel, kein Versehn,
bei Gott kann keinem Leid geschehn.
Wen Gott versorgt und liebet,
wird nimmermehr betrübet.
6 Wir Menschen sind ja auch bedacht,
die unsrigen zu zieren,
wir gehn und sorgen Tag und Nacht,
wie wir sie wollen führen
in einen feinen selgen Stand,
und ist doch selten so bewandt
mit dem, wohin sie kommen,
als wir uns vorgenommen.
7 Wie manches junges, frommes Blut
wird jämmerlich verführet
durch bös Exempel, daß es thut,
was christen nicht gebühret.
Da hat's denn Gottes Zorn zu Lohn,
auf Erden nichts als Spott und Hohn.
Der Vater muß mit Grämen
sich seiner Kinder schämen.
8 Ein solches darf ich ja nun nicht
an meinem Kind erwarten.
Das steht vor Gottes Angesicht
und geht in Christi Garten,
hat Freude, die es recht erfreut,
und ruht von allem Herzeleid;
es steht und hört die Schaaren,
die uns allhier bewahren.
9 Es sieht und hört der Engel Mund,
sein Mündlein hilft selbst singen;
weiß alle Weisheit aus dem Grund,
und redt von solchen Dingen,
die unser keiner noth nicht weiß,
die auch durch unsern Fleiß und Schweiß
wir, weil wir sind auf Erden,
nicht ausstudiren werden.
10 Ach sollt ich doch von ferne stehn,
und noch ein wenig hören,
wenn deine Sinne sich erhöhn
und Gottes Namen ehren,
der heilig, heilig, heilig ist,
durch den du auch geheiligt bist,
ich weiß, ich würde müssen
vor Freuden Thränen gießen.
11 Ich würde sprechen: Bleib allhier!
Nun will ich nicht mehr klagen:
Ach, mein Kind, wärst du noch bei mir!
Nein, sondern komm, du Wagen
Eliä, hole mich geschwind
und bring mich dahin, da mein Kind,
und so viel liebe Seelen,
so schöne Ding erzählen.
12 Nun sei es ja und bleib also,
ich will dich nicht mehr weinen;
du lebst, und bist von Herzen froh,
siehst lauter Sonnen scheinen,
die Sonnen ewger Freud und Ruh.
Hier leb und bleib nun immerzu;
ich will, will's Gott, mit andern
auch bald hernacher wandern.
Source: Evang.-Lutherisches Gesangbuch #663