1 Freu dich sehr, o meine seele,
Und vergiß der noth und quaal,
Dei in dieser kummer höle,
Dich betroffen ohne zahl:
Jesus ruft dich aus dem leid,
In die grosse herrlichkeit,
Die kein ohr je hat gehöret
Und in ewigkeiten währet.
2 Tag' und nächte mußt' ich ringen
Vor dem Herren meinem Gott,
Weil mich angst und creutz umpfingen,
Mir zu helfen aus der noth;
Wie ein wandersmann sich sehnt
Nach der reise frohen end,
So ich nach jenen höhen,
Hülf und rettung zu erflehen.
3 Wie der dornen scharfe spitze
Rosen um und um einfaßt;
So drückt christen trübfals hitze,
Weil der feind und weit sie haßt:
Wie die meeres wellen sind,
Und der ungestüme wind,
Also ist allhier auf erden
Unser leben voll beschwerden.
4 Welt und sünde, teufel, hölle,
Unser eigen fleisch und blut
Plagen unsre matteseele,
Prüfen unsern heidenmuth:
Wir sind voller angst und plag;
Lauter creutz sind unsre tag:
Selten will die sonne scheinen,
Unsre tage sind nur weinen.
5 Wenn die morgenröthe scheinet,
Und uns aus dem schlafe weckt,
O eir häufig klagt und weiner
Den der geist mit angst bedeckt,
Wegen tausendsacher noth,
Und die thränen, unser brodt,
Das bey tag und finsternissen
Wir sehr oft geniessen müssen.
6 Drum, Herr Christ, du morgensterne,
Der du mir zum trost aufgehst,
Bleibe von mir jetzt nicht ferne,
Weil mich ja dein blut erlöst:
Hilf, daß ich mit fried und freud,
Mög von hinnen fahren heut;
Ach, sey du mein licht und freude,
Da ich nun von hinnen scheid.
7 Herr, ich flieh in deine seite,
Da mich hier der tod verjagt;
Ich bin deiner arbeit beute;
Wer ist, der mich nun verklagt?
Da mich selbst dein blut frey spricht,
So erschreckt mich kein gericht;
Dis dein blut faß ich im glauben;
Wer will mir den himmel rauben?
8 Herr, wenn meine augen brechen,
Wenn mir das gehörverschwindt,
Wenn mein mund nicht mehr kan sprechen,
Der verstand sich nicht besinnt;
Denn bist du mein licht und mund:
In der bangen todesstund,
Hör ich himmlische süsse worte;
Du bringst mich zur himmelspforte.
9 Engel warten mein mit freuden,
Tragen den entbundnen geist
Nach der todesnacht und leiden
Hin, wo man Gott ewig preist:
Er, der abgezehrte staub
Wird zwar hier des moders raub,
Doch wird man auch ihn bald sehen
Herrlich überm grabe stehen.
10 Freu dich sehr, o meine seele,
Und vergiß der noth und quaal,
Die in dieser kummerhöle,
Dich betroffen ohne zahl:
Jesus ruft dich aus dem leid
In die freud' und herrlichkiet;
Ja er will dich selber führen
Hin, wo du sollst triumphiren.
Text Information | |
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First Line: | Freu dich sehr, o meine seele |
Language: | German |
Publication Date: | 1826 |
Topic: | Vom Tode und der Auserstehung; Death and Resurrection |