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111. O Haupt, voll Blut und Wunden

1 O Haupt voll Blut und Wunden,
voll Schmerz und voller Hohn!
O Haupt! zu Spott gebunden
mit einer Dornen-Cron!
O Haupt sonst schön gezieret
mit höchster Ehr' und Zier,
jetzt aber hoch schimpfiret!
gegrüßet seist Du mir!

2 Du edles Angesichte,
dafür sonst schrickt und scheut,
das große Welt-Gewichte,
wie bist Du so bespeit!
wie bist Du so erbleichet!
wer hat Dein Augenlicht,
dem sonst kein Licht nicht gleichet,
so schändlich zugericht't.

3 Die Farbe Deiner Wangen,
der rothen Lippen Pracht
ist hin, und ganz vergangen,
des blassen Todes Macht
hat alles hingenommen,
hat alles hingerafft,
und daher bist Du kommen
von Deines Leibes Kraft.

4 Nun, was Du, Herr, erduldet,
ist alles meine Last:
Ich hab' es selbst verschuldet,
was Du getragen hast:
Schau her, hie steh ich Armer,
der Zorn verdienet hat:
gieb mir, o mein Erbarmer,
den Anblick Deiner Gnad.

5 Erkenne mich, mein Hüter,
mein Hirte nimm mich an,
von Dir, Quell aller Güter,
ist mir viel Gut's gethan.
Dein Mund hat mich gelabet
mit Milch und süßer Kost,
Dein Geist hat mich begabet
mit mancher Himmels-Lust.

6 Ich will hier bei Dir stehen,
verachte mich doch nicht!
von Dir will ich nicht gehen,
wenn Dir Dein Herze bricht;
wenn Dein Haupt wird erblassen
im letzten Todes-Stoß,
alsdenn will ich Dich fassen
in meinen Arm und Schooß.

7 Es dient zu meinen Freuden,
und kömmt mir herzlich wohl,
wenn ich in Deinem Leiden,
mein Heil, mich finden soll.
Ach! möcht' ich, o mein Leben!
an Deinem Kreuze hier,
mein Leben von mir geben,
wie wohl geschähe mir!

8 Ich danke Dir von Herzen,
o Jesu, liebster Freund,
für Deine Todes-Schmerzen,
daß Du's so gut gemeint.
Ach! gieb, daß ich mich halte
zu Dir und Deiner Treu,
und wann ich nun erkalte,
in Dir mein Ende sei.

9 Wann ich einmal soll scheiden,
so scheide nicht von mir:
wenn ich den Tod soll leiden
so tritt Du denn herfür:
wenn mir am allerbängsten
wird um das Herze sein,
so reiß mich aus den Aengsten,
Kraft Deiner Angst und Pein.

10 Erscheine mir zum Schilde,
zum Trost in meinem Tod,
und laß mich sehn Dein Bilde
in meiner Todes-Noth,
da will ich nach Dir blicken,
da will ich Glaubens-voll
Dich fest an mein Herz drücken:
Wer so stirbt, der stirbt wohl!

Text Information
First Line: O Haupt, voll Blut und Wunden
Author: P. Gerhardt (1676)
Language: German
Publication Date: 1848
Topic: Vom Leiden, Sterben und Begräbniß unsers Herrn Jesu Christi; Suffering, Dying and Burial of Christ
Notes: Mel. Ach Herr, mich armen Sünder
Tune Information
(No tune information)



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