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687. Die Zeit ist nunmehr nah

1 Die Zeit ist nunmehr nah,
Herr Jesu, du bist da.
Die Zeichen, die den Leuten
dein Ankunft sollen deuten,
die sind, wie wir gesehen,
in großer Zahl geschehen.

2 Was soll ich den nun thun?
Ich soll auf dem beruhn,
was du mir hast verheißen;
daß du mich wollest reißen
aus meines Grabes Kammer
und allem andern Jammer.

3 Ach, Jesu! wie so schön
wird mir's alsdann ergehn!
du wirst mit tausend Blicken
mich durch und durch erquicken,
wenn ich hie von der Erde
zu dir mich schwingen werde.

4 Ach! was wird doch dein Wort,
o süßer Seelenhort!
was wird doch sein dein Sprechen,
wenn dein Herz aus wird brechen
zu mir und meinen Brüdern,
als deinen Leibes Gliedern?

5 Werd ich denn auch vor Freud
in solcher Gnadenzeit
den Augen ihre Zähren
und Thränen können wehren,
daß sie mir nicht Haufen
auf meine Wangen laufen?

6 Was für ein schönes Licht
wird mir dein Angesicht,
das ich in jenem Leben
werd erstmal sehen, geben!
wie wird mir deine Güte
entzünden mein Gemüthe!

7 Dein Augen, deinen Mund,
den Leib, der noch verwundt,
da wir so fest auf trauen,
das werd ich Alles schauen,
auch innig herzlich grüßen
die Maal an Händ und Füßen.

8 Dir ist allein bewußt
die ungefälschte Lust
und edle Seelenspeise
in deinem Paradeise:
die kannst du wohl beschreiben,
ich kann nicht mehr als gläuben.

9 Doch, was ich hier gegläubt,
das steht gewiß und bleibt,
mein Theil, dem gar nicht gleichen
die Güter aller Reichen;
all anders Gut vergehet,
mein Erbtheil, das bestehet.

10 Ach, Herr! mein schönstes Gut,
wie wird sich all mein Blut
in allen Adern freuen,
und auf das neu erneuen,
wenn du mir wirst mit Lachen
dein Himmelsthür aufmachen.

11 Komm her, komm und empfind,
o auserwähltes Kind!
Komm, schmecke was für Gaben
ich und mein Vater haben!
Komm, wirst du sagen, weide
dein Herz in ewger Freude.

12 Ach, du so arme Welt,
was ist dein Gold und Geld
hier gegen diese Kronen
und mehr als güldne Thronen?
die Christus hin gestellet
dem Volk, das ihm gefället?

13 Hier ist der Engel Land,
der selgen Seelen Stand,
hier hör ich nichts als Singen,
hier seh ich nichts als Springen,
hier ist kein Kreuz, kein Leiden,
kein Tod, kein bittres Scheiden.

14 Halt ein, mein schwacher Sinn,
halt ein, wo denkst du hin?
willst du, was grundlos, gründen?
was unbegreiflich, finden?
hier muß der Witz sich neigen
und alle Redner schweigen.

15 Doch aber, meine Zier!
dich laß ich nicht von mir,
dein will ich stets gedenken,
Herr, der du mir wirst schenken
mehr, als mit meiner Seelen
ich wünschen kann und zählen.

16 Ach! wie ist mir so weh,
eh ich dich aus der Höh,
her sehe zu uns kommen:
ach! daß zum Heil der Frommen
du meinen Wunsch und Willen
noch möchtest heut erfüllen!

17 Doch, du weißt deine Zeit;
mir ziemt nur stets bereit
und fröhlich da zu stehen,
und so einer zu gehen,
daß alle Stund und Tage
mein Herz sich zu dir trage.

18 Dies gieb, Herr, und verleih,
auf daß dein Huld und Treu
ohn unterlaß mich wecke,
daß mich dein Tag nicht schrecke,
da unser Schreck auf Erden
soll Fried und Freude werden.

Text Information
First Line: Die Zeit ist nunmehr nah
Author: Paul Gerhardt, 1606-1676
Language: German
Publication Date: 1872
Topic: Auferstehung, Gericht und Ewigkeit; Resurrection, Judgment and Eternity
Notes: Mel. Auf meinen lieben Gott
Tune Information
(No tune information)



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