1 So ist denn Hütte aufgebauet,
Dei hütte, die der Cherubinen heer,
Und was sich sonst von engein finder mehr,
Mit wunder-voller freud und lust beschauert;
Weil thres gleichen diese weite welt,
An herrlichkeit und schmuck nicht in sich hält.
2 Zwar das vernunfts-augweiß hier nichts in preisen,
Der schein ist schlecht, der sich von aussen zeigt,
Das macht, daß der vernunft ihr urtheil treugt,
Sie richtet nur nach den gewohnten weisen.
Die trefflichkeit ist hir gar sebt versteckt,
Ohn Gottes licht bleibt sie unaufgedeckt.
3 Die Gottheit selbst hat schöners nicht geseben,
So lange diese erd und himmel stebt?
Seht! wie die lust zu diesem bau nur gebt,
Vor ihm muß jene bẗte untergehen;
Weil, was dort nur im dunkein schatten war,
Sich hier im wesen zeiget offenbar.
4 Die Menschheit ist die hutte, die ich meyne,
Die sich das wort in gnaden auserkieft.
(Das Wort davon man schon im Mose lief't.)
Daß es mit ihr versöhnlich sich vereine,
Und seiner Gottheit pracht und majestät
An ihr ein zelt, ein haus und temple hätt.
5 Nicht menschen-band, Gott selbst hat sie erbauet:
Die werkstatt war der keuschen Jungfraum leib;
Maria ist das benedyte weib,
Der sich der Geist in reiner zucht vertrauet:
Des wortes keusche überschattung macht,
Daß dieser bau wird an das licht gebracht.
5 O grosses Werk! geheimmniß sonder gleichen!
Wer hat doch, frag ich, jemals dis gehört?
Daß Gott bey menschen also eingekehrt?
Vernunst, sey still, du wirst es nicht erreichen!
Verehre nur die unumschränkte kraft,
Die allmacht, die dis grosse wunder schaft.
7 Gesegnet seyst du, allerschönste hüfte:
De ganze füll der Gottheit wohnet hier,
Sie weichet nun und nimmermehr von dir,
Des vaters wort bleibt stets in deiner mitte;
Und ob dich gleich der tod in stücken bricht,
So weicht nach solchem bruch das wort doch nicht.
8 Man riecht an dir die edlen specerenen,
Des Geistes übertresslichs balsam-öhl,
Mit welchem dich dein Gott, nach leib und seel,
Zu seiner hütte hat gewalt einweihen,
Dir ist kein manß der gaben angesetzt,
Was dir geschenkt, ist obne maaß geschätat.
9 Hir finder man den rechten altar stehen,
Zusamt dem opfer, das uns Gott versöhnt,
Der von uns sündern schändlich ist verhöhnt,
Das opfer-vieh muß nun bey seite geben.
Hier ist der born, draus lebens-wasser springt.
Das unsern geist zur reinigung durch-dringt.
10 Hier stehet man ohn unter laß aufsteigen
Vom räuch-altar das priesterlich gebet;
Man findet brod an dieser heil'gen stätt;
Der gld'ne leuchter ist nicht zu verschweigen,
Der hier mit seinen sieben lampen brennt,
Und aller welt die lichten stralen gönnt.
11 Hier ist der thron der heiligkeit und gnaden,
Den engel auch gelüftet anzuschaun;
Der glaube tritt hinzu ohn furcht und graun,
Empfänget heil und stärk für Adams schaden;
Was Gottes wohlgefallen an uns sey;
wird hier durchs licht und recht entdecket frey.
12 Mit einem wort: das wort, daw fleisch geworden,
Des höchsten Vaters eingeborner sohn,
Der in der ewidkeit hat seinen thron,
Und huldreich sich vermählt mit unserm orden,
Hat was ebmals in bildern eingehüllt,
Verborgen war, in und durch sich erfüllt.
13 Gelobet sey, Jehovah, deine treue,
Die gnad und wahrheit nunmehr bergestellt;
Wodurch, was saran vormals hat gefällt,
Geretter wird. O seeele, dich des freue!
Stimm mit der engel chor ein danklied an:
Erhebe ihm um das, was er gerban.
14 Du aber, der du vermals angenommen
Dis fleisch, die arme menschliche natur,
(O nie verspürte heils, und liebes-spur!)
Und aus der höh' zu uns herab gekommen.
Laß auch, bitt ich, bewegen deinen sinn,
Und nim mein herz zu deiner hütte bin.
First Line: | So ist denn nun die Hütte aufgebauet |
Author: | Johann Anastasius Freylinghausen |
Language: | German |
Copyright: | Public Domain |