1 Nun giebt mein Jesus gute Nacht,
nun ist sein Leiden vollenbracht;
nun hat Er seiner Seelen Pfand,
geliefert in des Vaters Hand.
2 Kommt, ihr Geschöpfe kommt herbei,
und machet bald ein Klag-Geschrei,
das grausam sei zur selben Frist,
weil Gott am Kreuz verschieden ist.
3 Des Tempels Fürhang trennet sich,
das Erdreich bebet furchtsamlich,
die Berge springen Himmel an,
daß man den Abgrund schauen kann.
4 Die Wolken schreien Weh und Ach,
die Felsen geben starken Krach,
den Todten öffnet sich die Thür,
und sie gehn aus dem Grab herfür.
5 So muß der Herr der Herrlichkeit
beläutet werden dieser Zeit,
als man denselben in der Still
hinab zur Ruhstatt brigen will.
6 Die Weiber stehen zwar von fern,
und wollen sehn den Ausgang gern,
doch wissen sie nicht, wie man wohl
den Leid zu Grabe tragen soll.
7 Zuletzt begiebt sich in Gefahr,
der Joseph, der ein Rathsherr war,
der Christum liebt' und wollte nicht,
daß man Ihn brächte für's Gericht.
8 Getrost ist ihm sein Herz und Sinn,
drum geht er zu Pilato hin,
begehrt den Leichnam Jesu Christ,
der ihm auch nicht versaget ist.
9 Bald kömmt der Nicodemus auch,
zu salben Ihn nach altem Brauch:
er bringt der besten Specerei,
Sammt saubern Tüchern herbei.
10 Da Jesus nun ist balsamirt.
und sien auf Todten-Art geziert,
da senket man Ihn sanft hinab,
und leget Ihn in Josephs Grab.
11 Nun Gottes Sohn, der uns erweckt,
wird selbst mir einem Stein bedeckt.
O Mensch werk auf zu jeder Frist,
daß dir ein Grab bereitet ist.
12 Was trotzet denn der arme Staub?
der Würger macht ihn bald zum Raub.
ach! prange nicht du eitler Koth,
denn heut ein König, morgen todt.
13 Es wird vielleicht nicht balsmirt
dein Leichnahm, noch so schön geziert;
es ist genug, wenn man ihn trägt,
und ehrlich in die Grube legt.
14 Doch freue dich, o frommes Herz,
daß dich der Sünden bittrer Schmerz
hinfüro nicht betrüben kann,
die selbst begrub der Schmerzes-Mann.
15 Nun, Er thät deine Bosheit ab,
und nahm sie gänzlich mit ins Grab.
und als Er ward vom Tod entfreit,
da bracht Er mit Gerechtigkeit.
16 Sterb' ich nun gleich, was is's denn mehr,
steh ich doch auf mit Pracht und Ehr',
im Grabe bleibt der Sünden-Schlamm,
den ich aus dieser Welt mitnahm.
17 Mein Hieland hat in jener Nacht
den Sabbath mir zuwege 'bracht,
der helft mir bald zur süßen Ruh,
in dem ich thu' mein' Augen zu.
18 Hier leb' ich aller Unruh voll,
und wann man's dannoch loben soll,
so heißt es gleichwohl, daß hiebei
nur Müh und Angst gewesen sei.
19 Sobald ich aber aus der Luft
gebracht bin in die dunkle Gruft,
os wohn' ich sicher, still behend,
und all' meine Unglück hat ein End.
20 Heißt das nicht wohl ein grosser Ruhm?
Mein Grab wird mir zum Heiligthum;
dann Christus, der im Grab' erwacht,
hat heilig auch mein Grab gemacht.
21 Bald kommt die liebe Zeit herbei,
wenn uns der Engel Feldgeschrei
macht munter, daß wir Jesum sehn,
und zu des Lammes Hochzeit gehn.
Source: Evangelisch-Lutherisches Gesang-Buch: worin die gebräuchlichsten alten Kirchen-Lieder Dr. M. Lutheri und anderer reinen lehrer und zeugen Gottes, zur Befoerderung der wahren ... (2. verm. Aus.) #110
First Line: | Nun gibt mein Jesus gute Nacht |
Author: | Johann Rist |
Language: | German |
Copyright: | Public Domain |