1 Getreuer Gott! wie viel Geduld
Erzeigest du uns armen!
Wir häufen täglich unsre schuld;
Du häufest dein erbarmen.
Was ist des menschen lebenslang?
Er ist verderbt von Jugend auf,
Sein sinn ist dir entgegen:
Und doch, o Vater, sucht du ihn
Von seinen Sünden abzuziehen,
Zur beßrung zu bewegen.
2 Der menshcen elend jammert dich:
Selbst wenn sie sich verstocken,
Wisst du sie dennoch väterlich
Durch güte zu dir locken.
Wie lange sahst und riefest du
Nicht ehemals deinem volke zu,
Daß sich ihr Herz bekehrte!
Wie trugst du nicht so lange zeit
Die erste welt mit Gültigkeit,
Eh sie die fluth verheerte!
3 So giebst du Sündern zeit und raum,
Der strase zu entgehen;
Du läßt den unfruchtbaren baum
Nicht ohne pflege stehen;
Du wartest sein, du suchest frucht:
Und wenn du gleich umsonst gesucht,
Hörst du nicht auf zu bauen.
Du schonest sein von Jahr zu Jahr;
Dein Vaterherz hofft immerdar,
Noch Frucht von ihm zu schauen.
4 Allgütiger! so große Huld
Bezeigst du frechen Fünfern:
Und wie viel nachsicht und getuld
Hast du mit deinen Kindern!
Sie werden ja, wenn Fleisch und welt
Und satan ihnen netze stellt,
Oft sicher matt und träge.
Sie straucheln, sie vergehen sich,
Sie fallen oft, verlassen dich
Und deine heil'gen Wege.
5 Du lockest sie aus der Gefahr,
So oft sie irre gehen;
Reichst ihnen hand und starte dar,
Von fünfen aufzustehen.
Du trägst sie mit Vaterhuld,
Bist willig, ihre sündenschuld
Durch Christum zu vergeben;
Giebst ihnen neue glaubenskraft
Und nach vollbrachter pilgrimschaft
Bieg ruhe, freud' und leben.
6 Laß diese Langmuth und Geduld,
Gott, unsre herzen rühren!
Nie müsse deine Vaterhuld
Zur Sicherheit uns führen!
Trag uns erbarmen fernerhin;
Doch hieb uns auch dabey den sinn,
Daß wir die Sünde hassen;
Und uns noch in der gnadenzeit
Den reichthum deiner gütigkeit
Zur buße leiten lassen.
Source: Das Gemeinschaftliche Gesangbuch: zum gottesdienstlichen Gebrauch der Lutherischen und Reformirten Gemeinden in Nord-America. (1st.. Aufl) #17