1 Geht hin, ihr gläubigen Gedanken,
ins weite Feld der Ewigkeit;
erhebt euch über alle Scharnken
der alten und der euen Zeit:
erwägt daß Gott die Liebe sei,
die ewig alt und ewig neu.
2 Der Grund der Welt war nicht geleget,
der Himmel was noch nicht gewacht,
so hat Gott schon den Trieb gebeget,
der mir das Beste zugedacht:
da ich noch nicht geschaffen war,
da reicht ei mir schon Gnade bar.
3 Sein Rathschluß war: ich sollte leben
durch seinen eingebornen Sohn;
den wollt er mir zum Mittler geben,
den nacht er mir zum Gnadenthron;
in dessen Blute sollt ich rein,
geheiliget und selig sein.
4 O Wunderliebe, die mich wählte
vor allem Anbeginn der Welt
und mich zu ihren Kindern zählte,
für weiche sie das Reich bestellt!
O Vaterhand, o Gnaden trieb,
der mich ins Buch des Lebens schrieb!
6 Wie wohl ist mir, wenn mein Gemüthe
hinauf zu dieser Quelle steigt,
von welcher sich ein Strom der Güte
zu mir durch alle Zeiten neigt,
daß jeder Tag sein Zeugniß giebt:
Gott hat mich je und je geliebt!
6 Wer bin ich unter Millionen
der Creaturen seiner Macht,
die in der Höh und tiefe wohnen,
daß er mich bis hieher gebracht!
Ich bin ja nur ein dürres Blatt,
ein Staub der keine Stätte hat.
7 Ja freilich bin ich zu geringe
der herzlichen Barmherzigkeit,
womit, o Schöpfer aller Dinge,
mich deine Liebe stets erfreut:
ich bin, o Vater, selbst nicht mein,
dein bin ich, Herr, und bleibe dein.
8 Im sichren Schatten deiner Flügel
find ich die ungestörte Ruh,
Der feste Grund hat dieses Siegel:
wer dein ist, Herr, den kennest du,
Laß Erd und Himmel untergehn:
dies Wort der Wahrheit bleibet stehn.
9 Wenn in dem Kampfe schwerer leiben
der Seele Muth und Kraft gebricht,
so salbest du mein Haupt mit Freuden,
so tröstet mich dein Angesicht:
da spür ich deines Geistes Kraft,
die in der Schwachheit Alles schafft.
10 Du lässest auch vom Gott der Erden
wir, was du willst nach deinem Sinn,
jedoch weit mehr in theil werden,
als ich im kleinsten würdig bi:
mein Herz zerfleußt, wenn es bedenkt,
wie treulich mich dein Auge lenkt.
11 Dir Hoffnung schauet in die Ferne
durch alle Schatten dieser Zeit;
der Glaube schwingt sich durch die Sterne
und sieht ins Reich der Ewigkeit'
da zeigt mir deine wilde Hand
mein Erbtheil und gelobtes Land.
12 O sollt ich dich nicht ewig lieben,
der du mich unaufhörlich liebst?
Sollt ich mir Fried und Freude giebst?
Verließ ich dich, o Menschenfreund!
so wär ich selbst mein ärgster Feind.
13 Ach könnt ich dich nur besser ehren:
welch edles Loblied stimmt ehren;
welch edles Loblied stimmt ich an!
Es sollten Erd und Himmel hören,
was du, mein Gott, an mir gethan:
nichts ist so köstlich, nichts so schön,
als, Höchster Vater, dich erhöhn.
14 Doch nur Geduld! Es kommt die Stunde,
da mein durch dich erlöster Geist
im höhern Chor mit frohem Munde
dich, schönste Liebe, schöner preist;
drum eilt mien Herz aus dieser Zeit
und sehnt sich nach der Ewigkeit.
First Line: | Geht hin, ihr gläubigen Gedanken |
Author: | J. G. Herrmann |
Language: | German |
Copyright: | Public Domain |