1 Denk sey dem ewigen erbarmen,
Dank sey der unverdienten Vaterhuld,
Die mich in ihren liebes-armen
Bey tag und nacht getragen mit geduld;
Die gnädig mich bedeckt, wann mir gefahr
Und tausendsacher kummer nahe war.
2 Von jugend auf hast du geleitet,
Mein Gott! mich wurm, mit deiner rechten hand,
Den deine allmacht selbst bereitet,
Und der bey dir heil und vergebung sand:
Mit dank entzündet setz ich, Vater, der
Ein denkmal heut, ein Eben Ezer hier.
3 Bis hieher hast du mich getragen;
(Kein mutterherz begt solche zärtlichkeit)
Ich fand dich stets in meinen klagen
Zu trost und rettung väterlich bereit;
Dein Vaterauge hielt mich stets in acht,
Wenn sich der feind mit muth an mich gemacht.
4 Zerriß ich selbst die liebesbande,
Und kehrte treulos dir den rücken zu;
Ja, sucht' ich an der höllen rande
Im unsinn für die arme seele ruh;
(Ich bede noch, wenn jetzt mein heller blick
Schaut hinter sich, auf die gefahr zurück;)
5 Dann eiltest du, wie hirten eilen,
Mir nach, du locktest, tiefest lauter noch,
Du woltest meine wege heilen;
Die gnade siegte, sie zerbrach das joch
Des teufels samt der sünd und welt entzwey,
Und ich werd, heil mir! wieder glücklich frey.
6 Ich netze oft mit freudnethränen
Den frohen zeitpunct in gedanken noch,
Die stunde, da mein banges sehnen
Dir wallte zu, und da der sünden joch
Durch deine macht aus gnaden wieder brach,
Da schüchtern ich im staube vor dir lag.
7 Du blicktest her auf meine thränen,
Und riefest mir: elender, weine nicht!
Ich blickt; hinauf und las dein sehnen
Nach mir, dem wurm, in deinem angesicht;
Die sündenlast fiel schnell der burst herab,
Sie wälzte sich und sank in Jesu grab.
8 Wenn ich von deinem lobe schwiege,
So würden billig selbst die steine schreyn:
Die macht der süssen gnadenzüge
Soll stündlich lob und dank in mir verneun.
Kein wurm, kein sünder war, den deine huld
Je trug, als mich mit gnade und geduld.
9 Ganz hast du dich mir hergegeben,
Die ganze seele zagte mir zu gut,
Es floß am creutz dein ganzes leben,
Aus allen adern floß dein theures blut;
Du warst vom haupte bis zum fuß verwundt,
Und wahrlich! so ward deine liebe kund.
10 Ganz muß um ganz gegeben werden,
Hier bring; ich dir der seelen ganze kraft;
Verbergt euch, freuden dieser erden,
dem Lamme walle nur mein lebenssaft:
Dir sey der leib, die glieder und das haupt,
Verflucht! was dir nur erwas davon raubt.
11 Ich weihe dir die zahl der tage,
Die deine huld mir hier noch zugezehlt.
ich scheue keine angst noch plage,
Wenn mir dabey nur nie dein daseyn fehlt.
Im tode halt ich dich; ich eil' hinauf
Und so beschließich in dir meinen lauf.
Source: Erbauliche Lieder-Sammlung: zum gottestdienstlichen Gebrauch in den Vereinigten Evangelische-Lutherischen Gemeinen in Pennsylvanien und den benachbarten Staaten (Die Achte verm. ... Aufl.) #491