1 Ach was hab ich angerichtet?
Ach was hab ich doch gethan?
Wer ist, der die Sache schlichtet?
Mein Gewissen klagt mich an;
ich bin selber wider mich,
weil ich also freventlich
mich mit Lastern so beflecket,
und des Höchsten Zorn erwecket.
2 Gott, ich muß mit Zittern sagen,
daß ich sei ein Sündenknecht,
jetzund fühl ich deine Plagen,
aber du, du bist greacht:
Mein verderbtes Fleisch und Blut
gat das rechte wahre Gut
durch des Teufels Trieb verachtet,
und den Lüsten nachgetrachtet.
3 Vorhin hab ich mich erfreuet
meiner schweren Sündenlast:
jetzo, da mich solches reuet,
hab ich weder Ruh noch Rast:
was mich vorhin hat ergötzt,
hat mich jezt in Angst gesetzt;
was vorhin den Leib erquicket,
ist, das jetzt die Seele drücket.
4 So viel Jahr bin ich gelaufen
den verhaßten Irreweg;
und mit dem verruchten Haufen
ausgesetzt den guten Steg,
der zur Himmelspforte führt:
nie, ach, nie hab ich verspürt
eine Reue meiner Sünden;
Wo soll ich nun Rettung finden?
5 Gott, ich soll gen Himmel sehen,
aber ich sah unter mich:
wie ist mir, mein Gott, geschehen,
daß ich so verlassen dich?
Ich bin werth, daß mich dein Grimm
mit erzürnter Donnerstimm
möcht in tausend Trümmer schlagen,
ja zur Höllen ewig jagen.
6 Alle Freude sei verfluchet,
so von Sünden hergerührt;
diese Zeit, daich gesuchet,
was mir Höllenangst gebiert,
was wir Gottes Wort verbeut,
sei verflucht in Ewigkeit;
Ewig sei'n veflucht die Stunden,
da ich Sündenlust empfunden.
7 O wie bist du, Sünde, Sünde,
eine Last, wie Felsen schwer!
An mir ich nichts Reines finde,
wie kränkt mich doch das so sehr!
Gott, dein Zorn hat mich geschreckt:
Ach, wer ist der mich versteckt?
Keine Kreatur kann rathen
meinen schweren Missethaten.
8 Herr, es steht in deinen Händen,
du alleine bilist aus Noth;
du kannst meinen Jammer wenden,
du kannst retten aus dem Tod.
Es steht nur allein bei dir,
Niemand kann sonst helfen mir;
du kannst gnädig mich verneuen
und in Ewigkeit erfreuen.
9 Ich verdamme Seel und Glieder:
sprich du sie in Gnaden los,
bittend fall ich vor dir nieder:
nimm du mich in deinen Schooß,
Stärk mich, der ich abgeschwächt,
laß Genade gehn für Recht:
wirst du in's Gerichte gehen,
Herr, wer kann vor dir bestehen?
10 Deines Sohnes Marterzeichen
stell ich zwischen mir und dir,
laß mich hiermit Gnad erreichen.
Seinen Tod halt ich dir für,
glaube steif und festiglich,
daß weil Jesus auch für mich
hat gelitten, ist gestorben:
ich auch soll seyn unverdorben.
11 Du hast uns gewiß verheißen
herzliche Barmherzitkeit;
dafür sollen wir dich preisen;
denk an deinen theuren Eid,
der den Sündern Trost verspricht;
du wilst ihren Tod ja nicht,
Leben willst du ihnen schenken,
wenn sie sich nur zu dir lenken.
12 Herr, so sei nun auch erhöret,
bitt ich, der verlorne Sohn,
der zu seinem Vater kehret:
Blicke von des Himmelsthron!
Ich bring ein zerknirschtes Herz,
voller Reue, voller Schmerz,
das nach diner Gnade trachtet:
solches hast du nie verachtet.
13 Laß die Engel frölich werden,
daß ein Sünder Buße thut.
Weil ich labe auf der Erden,
will ich dies, was Fleisch und Blut
hat bisher so hoch geacht't,
was mich fälschlich angelacht,
hassen, flieben, ernstlich meiden
und mich gänzlich dir vereiden.
14 Wirst du mir zur Seite stehen,
durch des guten Geistes Kraft
will ich nicht, wie vormals gehen
den Weg, der zur Hölle rafft.
Gott, ich kehre mich zu dir:
kehre du dich auch zu mir;
dafür will ich deinen Namen
ewig loben, Amen, Amen!
Source: Evang.-Lutherisches Gesangbuch #355