1 Herr, heiliger, gerechter Gott!
Dein eifer drohte lang.
Jetzt trift er deiner wahrheit spott
Und macht dem sünder bang.
2 Hier hebt die furcht, dort füllt die trau'r
Das tiefgebeugte herz,
Verbreitet starren schrecken-schau'r
Und mehrt des kummers schmerz.
3 Hier weint die gatten:Gott! er todt!
Der beste gatte todt –
Die kinder wimmern: Gott! er todt!
Der gute vater todt!
4 Dort folgt der mann der gattin nach
Zum stillen grabe hin:
Der stummer gram, der kinder ach
Bewegt den härtsten sinn.
5 Der sohn erbleicht, die schwester sinkt
Ins frühe grab hinab,
Und unschuldsvollen kindern winkt
Das offne, stille grab.
6 Ach, Gott! verwandte fühlen scheu
Das stärkste freundschaftsband,
Der sonst so starken liebe treu
Entzieht weis' ihre hand.
7 Das krankenzimmer, ach, wie öd'!
Gott, tröste du den wurm:
Wenn jeder sonst von ferne steht,
Denn tröste du den wurm.
8 Der glaube nur, Herr, an dein blut,
Mit sünden-rej verknüpft,
Gibt freudigkeit, macht alles gut,
Macht, das das herze hüpft.
9 Und solt auch ich verlassen seyn
In meiner letzten noth;
Solt' jederman sich vor mir scheu'n
Als vor der pest und todt;
10 Dann, Jesu! sey, sey du nur nah,
Sprich du nur trost mir zu.
Bist du, mein Seelenfreund, nur da,
Winkst du mir nur zur ruh;
11 Fühl' ich nur deine gnadennäh,
Denn hab; ich was ich brauch;
Hilf, Jesu, daß ich dich nur seh,
Sey du mein letzter hauch.
12 Der leichenzug bestehet kaum
Aus zweyer freunde paar;
Und jeder eilt und machet raum,
Und jeder scheut die bahr.
13 Man trägt viel todte jetzt nicht mehr
Dem offnen grabe zu;
Nein, einsam, vom gefolge leer,
Fährt man sie zu der ruh.
14 Ja, selbst die stille dunkle nacht
Find zwischen gräbern leicht;
Und der, der sonst im spott gelacht,
Fühlt auch tod und gericht.
15 Der jüngling steht, der jüngling fältt,
Der stärkste mann erschrickt,
Und wird dem jüngligh zugesellt;
Der greiß wird hingerückt.
16 Jetzt faßt den einen bangigkeit,
Er fliehet schnell ins land,
Und suchet dort die sicherheit,
Wo er den tod auch fand.
17 Dort gehn aus vorsicht andre fort;
Das band der liebe zieht
sie hin an einen sichern ort,
Das ganze haus entflieht.
18 Wohin man in den strassen blickt,
Sieht man das schrecken bald.
Hier ist der ein' hinweg gerückt;
Dort fliehen jund und alt.
19 Doch, Gott! was kan, was soll ich thun?
Ich kan ja nicht entfliehn.
Ich frage, Gott! was soll ich thun?
Ich kan ja nicht entfliehn.
20 Dein wort entheilet mir den rath;
Thu busse, beßre dich;
Du bists, der mich erzürnet hat,
Thu buß≈ und beßre dich.
21 Erkenne deiner sündengreul,
Bewein' und hasse sie,
Und komm und such in Christo heil;
In ihm verdirbt man nie.
22 Er ists, der jetzt zur busse lockt;
Erschrockner, eil herbey.
O, bleibe länger nicht verstockt,
Komm weinend ohne scheu.
23 Verfluch die sünden-wege gleich,
Sie brachten dieses weh.
Ach, komm in deines Jesu reich,
Ach, komm in seine näh.
24 Der glaube an sein blut allein
Macht dich von sünden los;
Von allen sünden macht es rein,
Sie sey klein oder groß.
25 Fall tief zu seinen süssen bin,
Nim deine kinder mit.
Fleh' Gott! ach ändre du den sinn,
Erhöre, Gott! die bitt.
26 Halt im gebet und flehen an.
Dein Gott erhört gewiß,
Er bricht den stärksten sündenbann;
Er heilt den schlangenbiß.
27 Nun, Jesu, deine kinder stehn:
Ach, hilf durch deinen tod;
Laß uns des jammers ende sehn.
Hilf uns in todes noth.