568. Hier ist mein fels! hier will ich stehen!

1 Hier ist mein fels! hier will ich stehen!
Gott mein gesang! mein psalm! mein lob!
Eh noch, mit ihrer berge höhen,
Die welt aus wassern sich erhob,
Warst du schon Er! schon Gott wie heut!
Schon Vater einer ewigkeit!

2 Dein odem bläst in staub der erden,
Der plötzlich aufwallt, niedersinkt,
Und menschen sterben! andre werden!
So bald dein arm aus woken winkt.
Wir staub auf staub! von gestern her,
Du ewig, ewig eben Der!

3 Dir ist die zeit von tausend jahren
Und eine stunde einerley:
Und eines manschen tage fahren
So reisend, wie ein bach vorbey.
Sein leben fliehet, wie ein traum,
Wie schatten, und wi wasse scahum.

4 Wie wallend gras im fetten thale,
Das noch des morgens blühend steht,
Und nun versengt vom mittags strahle
Von schnitter-säusten hingemäht:
so ist ein mensch, o Gott, vor dir!
So blühen fallen, dorren wir.

5 Das ist dein zorn, das wir vergehen,
Das ist dein grimm und dein gericht;
Denn alle unsre greuel stehen
Entblößt vor deinem angesicht.
Wie ein geschwätz, wie märchen fliehn
Des menschen jahre vor dir hin.

6 Das kurzgesteckte ziel der tage
Ist siebenzig, ist achtzig jahr',
Ein innbegriff von müh' und plage,
Auch wenn es noch so köstlich war.
Geflügelt eilt mit uns die zeit
In eine lange ewigkeit.

7 Herr! so verleihe, das am grabe
Ein jeder sünder seinen tod,
Und jenen stuhl vor augen habe,
Der mit gericht und hölle droht.
Flamm den gedanken in ihm an,
Der wahre klugheit zeugen kan.

8 Nun stürzet nur, ihr menschentage,
Schnell wie ein strom von felsen stürzt,
Stürzt schneller! so wird doch die plage
Des lebens einmal abgekürzt.
Wie wolken die der wind verstreut,
Wie sonnenlauf sey meine zeit.

9 Ihr öden, leichenvolle hayne,
Zeigt mir verwesung, schutt und graus;
Speyt faule särge, todgendeine
Und würmer vollen staub heraus;
Rollt, todtenköpfe, vor mich hin,
Erschreckt mich! bis ich weise bin.

10 Hier ist mein fels! hier will ich sitzen!
Gott heißt der Fels, mein psalm! mein lob!
Eh noch die welt mit felsen-spitzen,
Aus wasserstrudeln sich erhob,
War er schon Gott! shon Gott, wie heut!
Schon Vater einer ewigkeit.

Text Information
First Line: Hier ist mein fels! hier will ich stehen!
Language: German
Publication Date: 1826
Topic: Vom Tode und der Auserstehung; Death and Resurrection
Notes: Mel. Wer nur den leiben G.
Tune Information
(No tune information)



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