1 Ringe recht, wenn Gottes gnade
dich nun ziehet und bekehrt,
Daß dein geist sich recht entlade
Von der last, die ihn beschwert.
2 Ringe, denn die pfort ist enge,
Und der lebens-weg ist schmal;
Hier bleibet alles im gedränge,
Was nicht zielt zum himmels-saal.
3 Kämpfe bis aufs blut und leben,
Dring hinein in Gottes reich!
Will der satan widerstreben,
Werde weder matt noch weich.
4 Ringe, daß dein eifer glühe,
Und die erste liebe dich
Von der ganzen welt abziehe;
Halbe liede hält nicht stich.
5 Ringe mit gebet und schreyen,
halte damit feurig an:
Laß dich keine zeit gereuen,
Wärs auch tag und nacht gethan.
6 Hast du denn die perl errungen,
Denke ja nicht daß du nun
alles böse hast bezwungen,
Das uns schaden pflegt zu thun.
7 Nim mit furcht ja deiner seele,
Deines heils mit zittern wahr:
Hier in dieser leibes-höle
Schwebst du täglich in gefahr.
8 Halt ja deine krone veste,
Halte männlich, was du hast;
Recht beharren ist das beste;
Rücksall ist ein böser gast.
9 Laß dein auge ja nicht gassen
Nach der schnöden eitelkeit;
Bleibe tag und nacht in waffen,
fliehe träge und sicherheit.
10 Laß dem fleische nicht den willen,
Gib der lust den zügel nicht.
Willst du die begierden füllen;
So verlöscht das gnadenlicht.
11 Fleisches-Freyheit macht die seele
Kalt und sicher, frech und stolz;
Frißt hinweg des glaubens öhle,
Läßt nichts als ein faules holz.
12 Wahre true führt mit der sünde
Bis ins grab beständig krieg,
Richtet sich nach keinem winde,
Sucht in jedem kampf den sieg.
13 Wahre treu liebt Christi wege,
Steht beherzt auf ihrer hut,
Weiß von keiner wollust pflege,
Hält sich selber nichts zu gut.
14 Wahre treu hat viel zu weinen,
Spricht zum lachen: du bist toll:
Weil es, wenn Gott wird erscheinen,
Lauter heulen werden soll.
15 Wahre treu kömmt dem getümmel
Dieser welt niemals zu nah:
Ist ihr schatz doch in dem himmel,
Drum ist auch ihr herz allda.
16 Die bedenket wohl, ihr streiter,
Streitet recht und fürchtet euch:
Geht doch alle tage weiter,
Bis ihr kommt ins himmelreich.
17 Denkt bey jedem augenblicke,
Obs vielleicht der letzte sey:
Bringt die lampen ins geschicke,
Holt stets neues öhl herbey.
18 Liegt nicht alle welt im bösen?
Steht nicht Sodom in der glut?
Seele, wer soll dich erlösen?
Eilen, eilen ist hier gut.
19 Eile, wo du dich erretten,
Und nicht mit verderben wilt;
Mach dich los von allen ketten,
Flieh als ein gejagtes wild.
20 Lauf der welt doch aus den händen,
Dring ins stille Zoar ein,
Eile, daß du mögst vollenden,
Mache dich von allem rein.
21 Laß dir nichts am herzen kleben,
Flieh vor dem verborgnen bann,
Such in Fott gebeim zu leben,
Daß dich nichts bestecken kan.
22 Eile, zehle tag und stunden,
bis dein Bräut'gam hüpft und springt,
Und, wenn du nun überwunden,
Dich zum schauen Gottes bringt.
23 Eile, lauf ihm doch entgegen,
Sprich: mein licht, ich bin bereit,
Nun mein hüttlein abzulegen,
Mich dürst't nach der ewigkeit!