1 Dem allerhöchsten Wesen
Im buche vorzulesen;
Was man zu beten habe,
Ist nicht des Geistes gabe.
2 Wie manches buch verführet,
Wo man den sinn nicht spüret,
Den uns die schrift gelehret,
Da man Gott selber höret.
3 Die bücher welche sagen:
Wie wir nach jesus fragen,
In buß und glauben treten,
Und so erhörlich beten:
4 Die sind nicht zu verachten,
Ihr lesen und betrachten
Kon unser herz erwekcen,
Nach ihm sich auszustrecken;
5 Und denn des glaubens wesen
Selbst aus der schrift zu lesen.
Dennn wie ich Jesum suche,
Lern ich aus diesem buche.
6 Da hör isch viele beten;
Und wenn sie vor ihn treten,
So sind ich aller enden
Kein buch in ihren händen.
7 Wenn mich das buch gelehret,
Wie man zum Herrn sich kehret:
So wird mein herz zum buche,
Daß ich ihn selber suche.
8 Erinnert mich, ihr blüatter,
An mich und meine retter!
Entzündet mein verlangen,
Die gaben zu empfangen.
9 Nur sollt ihr mich im beten
Nicht binden noch vertreten;
Alsdennn geht auf die seite,
Daß ich mich selbst ausbreite.
10 Wenn ich nun mit ihm spreche,
Sag ich, was mir gebreche,
Was meine seele krUuanke,
So wie ichs fühl und denke.
11 So stehts in keinem buche;
Und eh ichs da erst suche,
Gießt sich mein herz schon über;
Das ist dem Vater lieber.
12 Wer hat ein kind gesehen
Vor seinen eltern stehen,
Und, was sein wunxch gewesen
Aus seinem buche lesen?
13 O nein, die noth lehrt scheyen,
Und an der brust gedeyen.
Die mutter stillt es gerne;
Sie hört das schreyn von ferne.
14 Das kind kan sein begehren
Nicht ordentlich erklüaren.
Die mutter muß sien stehen
Mehr als das kind versteben.
15 Und wenn die kinder stammlen
Erst halbe worte sammeln:
Der eltern ist ihr lallen
Das grösste wohlgefallen.
16 Sie dürfen nicht mit forgen,
Sich fremde worte borgen,
Kaum daß sie angefangen,
so weiß man ihr verlangen.
17 Sie werden endlich grösser,
Und reden denn auch besser:
Allein der kleinen lallen
Erhört man doch vor allen.
18 Der Vater aller kinder
Erhört noch viel gescwinder,
Vorsteht uns auch viel besser;
Denn sine huld ist grösser.
19 Er hört des herzens sprache.
Das ist die ganze sache.
Der trieb vom seelen grunde
macht erst die red im munde.
20 so lernt man sich erkennen,
Im heilgen Geist entbrenne,
Sich Jesu überlassen,
Und bald den Vater fassen.
Text Information | |
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First Line: | Dem allerhöchsten Wesen |
Language: | German |
Publication Date: | 1826 |
Topic: | Vom Gebet; Prayer |
Notes: | Mel. Mach auf mein herz und. |