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469. Herzlich thut mich verlangen

1 Herzlich thut mich verlangen
nach einem sel'gen End,
weil ich hie bin umfangen
mit Trübsal und Elend;
ich hab' Lust abzuscheiden
von dieser argen Welt,
sehn' mich noch ew'gen Freuden:
o Jesu, komm nur bald.

2 Du hast mich ja erlöset
von Sünd', Tod, Teuf'l und Höll:
es hat Dein Blut gekostet,
drauf ich mein Hoffnung stell':
warum sollt' mir denn grauen
für'm Tod und höll'schen G'sind?
weil ich auf Dich thu' bauen,
bin ich ein sel'ges Kind.

3 Wenn gleich süß ist das Leben,
der Tod sehr bitter mir;
will ich mich doch ergeben
zu sterben willig Dir.
Ich weiß ein besser Leben,
da meine Seel' fährt hin,
deß freu ich mich gar eben;
Sterben ist mein Gewinn.

4 Der Leib zwar in der Erden
von Würmern zwar verzehrt,
doch auferwecket werden
durch Christum schön verklärt;
wird leuchten als die Sonne,
und leben ohne Noth,
in himml'scher Freud' und Wonne;
was schad't mir denn der Tod?

5 Ob mich die Welt auch reizet,
länger zu bleiben hier,
und mir auch immer zeiget
Ehr', Geld, Gut', all' ihr' Zier:
doch ich das gar nicht achte;
es währt ein klein Zeit:
das Himmeliaxh' ich betrachte,
das bleibt in Ewigkeit.

6 Wenn ich auch gleich nun scheide
von meinen Freunden gut,
das mir und ihn'n bringt Leide;
doch tröstet mir meinen Muth,
daß wir in großen Freuden
zusammen werden kommn'n,
und bleiben ungescheiden
im himmelischen Thron.

7 Ob ich auch hinterlasse
betrübte Kindelein,
der'r Noth mich üb'r die Maaße
jammert im Herzen mein.
will ich doch gerne sterben
und trauen meinem Gott.
Er wird sie wohl versorgen,
retten aus aller Noth.

8 Was thut ihr so verzagen,
ihr armen Waselein?
sollt' euch Gott Hülf' versagen,
der speist die Raben kelin?
Frommer Wittwen und Waisen
ist Gott der Vater treu,
trotz dem, der sie thut näsen
das glaubt ohn' allen Scheu.

9 Geseg'n euch, Gott der Herre,
ihr Vielgeliebten mein,
trauret nicht allzusehre
über den Abschied mein,
beständig bleibt im Glauben,
wir werd'n in kurzer Zeit
einander wieder schauen
dort in der Ewigkeit.

10 Nun will ich mich ganz wenden
zu Dir, Herr Christ, allein,
gieb mir ein selig's Ende,
send' mir Dein Engelein;
führ mich ins ew'ge Leben,
das Du erworben hast
durch Dein Leiden und Sterben
und blutiges Verdienst.

11 Hilf mir, daß ich nicht wanke
von Dir, Herr Jesu Christ,
den schwachen Glauben stärke
in mir zu aller Frist!
hilf mir ritterlich ringen,
Dein' Hand mich halt in Acht,
daß ich mag fröhlich singen
das Consummatum est.

Text Information
First Line: Herzlich thut mich verlangen
Author: Christoph Cnollius (um 1590)
Language: German
Publication Date: 1848
Topic: Gesänge über die Gläubige Betrachtung des Todes und der Ewigkeit; Contemplation of Death and Eternity
Notes: Nach and.: Barthoomäus Ringwald, um 1558
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