350. Ich will von meiner Missethat

1 Ich will von meiner Missethat
zum Herren mich bekehren:
du wollest selbst mir Hülf und Rath
hierzu, o Gott, bescheren,
und deines guten Geistes Kraft,
der neue Herzen in uns schafft,
aus Gnaden mir gewähren.

2 Natürlich kann ein Mensch doch nicht
sein Elend selbst empfinden;
er ist ohn deines Wortes Licht
blind, taub und tod in Sünden:
verkehrt ist Will, Verstand und Thun;
des großen Jammers komm mich nun,
o Vater, zu entbinden.

3 Klopf durch Erkenntniß bei mir an,
und führ mir wohl zu Sinnen,
was Böses ich vor dir gethan,
du kannst mein Herz gewinnen:
daß ich aus Kummer und Beschwer
laß über meine Wangen her
viel heiße Thränen rinnen.

4 Wie hast du doch auf mich gewandt
den Reichthum deiner Gnaden.
Mein Leben dank ich deiner Hand,
die hat mich überladen
mit Ruh, Gesundheit, Ehr und Brod:
du machst, daß mir noch keine Noth
bis hieher können schaden.

5 Hast auch in Christo mich erwählt
tief aus der Höllen Fluten,
so daß es niemals nur gefehlt
an irgend einem Guten;
und daß ich ja dein eigen sei,
hast du, mich auch aus bloßer Treu
gestäupt mit Vaterruthen.

6 Wer giebt den Kindern, was du mir
gegeben zu genießen?
Schenk aber ich Gehorsam dir?
das zeuget mein Gewissen,
mein Herz, in welchem nichts gesund,
das tausend Sünden haben wund
bis auf den Tod zerrissen.

7 Die Thorheit meiner jungen Jahr
und alle schnöde Sachen,
verklagen mich zu offenbar,
was soll ich Armer machen?
Sie stellen, Herr, mir vors Gesicht
Dein unerträglichs Zorngericht
und deiner Höllen Rachen.

8 Ach meine Gräuel allzumal
schäm ich mich zu bekennen;
ich ist ihr weder Maaß noch Zahl,
ich weiß sie kaum zu nennen,
und ist ihr keiner doch so klein,
um welches willen nicht allein
ich ewig müßte brennen.

9 Bisher hab ich in Sicherheit
ganz unbesorgt beschlafen,
gesagt: Es hat noch lange Zeit,
Gott pflegt nicht bald zu strafen;
er fähret nicht mit unsrer Schuld
so strenge fort, es hat Geduld
dir Hirt mit seinen Schaafen.

10 Dies Alles jetzt zugleich erwacht,
mein Herz will mir zerspringen;
ich sehe deines Donners Macht,
dein Feur auf mich dringen;
du regest wider mich zugleich
des Todes und der Höllen Reich,
die wollen mich verschlingen.

11 Wo bleib ich denn in solcher Noth?
Nichts helfen Thor und Riegel;
wo flieh ich hin? Du Morgenroth,
ertheil mir deine Flügel:
verbirg mich wo, du fernes Meer!
Stürzt hoch herab fallt auf mich her,
ihr Klippen, Berg und Hügel!

12 Ach nur umsonst, und könnt ich gleich,
bis in den Himmel steigen,
und wieder in der Höllen Reich
mich zu verkriechen neigen;
so würde mich doch deine Hand
da finden und von meiner Schand
und großen Sünden zeugen.

13 Herr Jesu, nimm mich zu dir ein,
ich flieh in deine Wunden,
dir du, o Heiland, wegen mein
am Kreuze hast empfunden,
als unser aller Sündenmüh dir,
o du GottesLamm, ward hie
zu tragen, aufgebunden.

14 Wasch mich durch deinen Todesschweiß
und purpurrothes Leiden,
und laß mich sauber sein und weiß
durch deiner Unschuld Seiden.
Von wegen deiner Kreuzeslast
erquick, was du zermalmet hast,
mit deines Trostes Freuden.

15 So angethan, will ich mich hin
vor deinen Vater machen;
ich weiß, er lenket seinen Sinn,
und schaffet Rath mir Schwachen;
er weiß, was Fleischeslust und Welt,
und Satan uns für Netze stellt,
die uns zu stürzen wachen.

16 Wie werd ich mich mein leben lang
vor solcher Plage scheuen,
durch deines guten Geistes Zwang,
den du mir wollst verleihen,
daß er von aller Sündenlist
und dem, was dir zuwider ist,
helf ewig mich befreien.

Text Information
First Line: Ich will von meiner Missethat
Author: Luise Henriette, Churfürstin von Brandenburg, 1627-1667
Language: German
Publication Date: 1872
Topic: Bußlieder; Penitential Hymns
Notes: Mel. Aus tiefer Noth schrei
Tune Information
(No tune information)



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